Gleich vorweg - das wird ein richtig langer Post!
Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass die D800 mit großen Augen angesehen wird. Das nicht gerade kleine 24-70 macht das nicht besser denn da ist vorne einfach verdammt viel Glas und das fällt auf. Es kommen dann auch die Kommentare was für eine coole Kamera und die macht sicher super Fotos usw und so fort.
Klar macht die D800 super Fotos und es geht nichts über wirklich gutes Glas vor dem Sensor aber braucht man das für gute Fotos? Die meisten Fotografen sind sich wohl einig, dass die Kamera ein Werkzeug ist und auch die beste in den Händen eines Anfängers keine guten Fotos garantiert. Ich muss natürlich zugeben, dass ich selber sehr gerne neues Spielzeug habe und die Hersteller haben da immer etwas neues auf Lager. Ich will auch niemandem ausreden sich eine dicke Vollformat Kamera zu besorgen aber man sollte schon ganz genau wissen warum man die will.
Ok, gehen wir das Thema mal halbwegs systematisch an...
Die erste Frage die man sich stellen sollte ist, zumindest meiner Meinung nach, diese:
Will ich mich mit Fotografie beschäftigen oder einfach nur Fotos machen?
Diese Frage ist wirklich zentral denn die Antwort entscheidet darüber was man braucht. Wenn ich nicht vor habe manuell die Belichtung einzurichten (dazu zähle ich auch noch Blenden- bzw. Zeitautomatik) dann brauche ich keine Kamera die dafür ausgelegt ist.
Ein kleines Beispiel wäre im Nikon Bereich die D7000/D7100. Die ist klar für Leute ausgelegt die die volle Kontrolle haben wollen, sie hat jeweils ein Rad für Blende und eines für die Belichtungszeit. Die niedrigeren Modellnummern haben nur ein Rad, die 2. Funktion wird über eine zusätzliche Taste dazugewählt. Dennoch habe ich in der D7000 noch immer Motivprogramme die es dem Nutzer leicht machen wenn man entweder gerade nicht will oder noch lernt.
Verlässt man den Consumer Bereich dann fallen die Automatikmodi weg. Es gibt zwar immer noch A/S/P aber eine spezielle Einstellung für Sonnenuntergänge oder sowas sucht man vergebens. In diesem Segment ist das einfach nicht der Usecase weil man hier davon ausgeht, dass der Nutzer das Vorwissen hat um das selbst einzustellen. Man kann Fotografie auch mit einer D800 lernen aber der Punkt ist der, dass man es wirklich tun muss und dafür auch Zeit braucht denn sonst wird eine D3100 mit Motivprogramm besser Einstellungen machen und folgerichtig bessere Fotos schießen - zumindest technisch korrektere - und das auch noch um ein Eck billiger!
Wenn ich mich eigentlich nicht mit Fotografie beschäftigen will aber dennoch sehr gute Fotos möchte, so ist das heute kein Thema mehr. Eine DSLR ist dabei eher als Liebhaberstück bzw. etwas für Leute mit dem Wunsch sich mit den Grundlagen zu beschäftigen, zu sehen. Im Bereich von Kompakt- oder Systemkameras finden sich genug Modelle die ausgezeichnete Fotos machen und zwar einfach nur durch draufhalten und abdrücken. Um gute Fotos zu machen braucht man heute definitiv keine DSLR mehr und wenn man seine Fotos maximal ins Internet stellt genügt sogar die Kamera in jedem besseren Smartphone.
Warum kauft man sich dann eine DSLR?
Ich habe es in früheren Posts schon gesagt - eine DSLR kaufe ich mir dann wenn ich die Kontrolle über das Bild haben will und mich damit beschäftigen möchte. Wenn ich in den Motivprogrammen bleibe oder einzig und alleine eine Kit-Linse nutze dann macht es, meiner Meinung nach, keinen Sinn eine klobige DSLR anzuschaffen. Das kann eine Point and Shoot einfach besser - vor allem wenn man sich ein älteres Modell kauft weil man nicht hunderte Euro ausgeben möchte. Wenn man eine Schraube festziehen will dann braucht man auch keine Werkbank mit jedem Schnick-Schnack sondern einfach den passenden Schraubenzieher.
Eine DSLR oder auch eine entsprechende Mirrorless wird dann spannend, wenn ich mich auf Fotografie einlassen möchte. Eine DSLR bietet einem um so vieles mehr Optionen als eine Point and Shoot sofern man sie denn einzusetzen weis. Ich persönlich bin ein ziemlicher Fan von weichem Bokeh und als Konsequenz habe ich Linsen bei denen die Blende weit aufmacht. Würde ich hauptsächlich Landschaftsfotografie machen, wären solche Linsen rausgeworfenes Geld, weil man hier sowieso weit abblendet um alles scharf zu haben - also genau den gegenteiligen Effekt wünscht. Eine Kamera mit Wechselobjektiven kann ich auf meine Bedürfnisse anpassen - dazu muss man aber auch wissen was man will und dafür braucht. Damit sind wir schon wieder beim Wissen.
Meine Antwort, warum man eine DSLR kauft, ist damit die Folgende:
Eine DSLR kauft man wenn man sich mit Fotografie beschäftigen will, sich das nötige Wissen anzueignen gedenkt und die volle Kontrolle über seine Bilder haben will.
Ok, ich will eine DSLR aber welche?
Eine Zwischenfrage ist das System - also Nikon, Canon, Pentax, Sony,....
Das ist im Großen und Ganzen Geschmackssache. Ich sehe Nikon und Canon als gleichwertig und auch die anderen bauen super Kameras. Ich kann realistisch aber nur etwas zu Nikon sagen und deshalb unterstelle ich ab sofort, dass die Entscheidung auf Nikon gefallen ist ;)
Die nächsten Fragen, die man sich stellen sollte, wären also wie viel man ausgeben und wie sehr man eingreifen möchte.
Mit "wie tief man eingreifen möchte" meine ich ob der vollständig manuelle Modus in nächster Zeit eine Rolle spielen wird. Es geht hier primär darum ob man mit einem Optionsrad auskommen wird oder ob man zwei braucht. Stelle ich bei jedem Shot Blende und Auslösezeit manuell ein, so wird das 2. Rad schnell unverzichtbar. Ich möchte hier aber nicht verschweigen, dass man im manuellen Modus eigentlich nicht jeden Shot neu einstellt - man stellt einmal auf die Lichtsituation ein und ist auf GO bis sich etwas ändert. Es ist also nicht zwingend erforderlich aber, bei häufiger Verwendung, komfortabler.
Fängt man neu an und scheut den manuellen Modus, würde ich, je nach Budget, in der Gegend D3200 oder D5200 suchen. Ist das Budget etwas enger dann die entsprechenden Vorgängermodelle die gleich um ein gutes Stück billiger aber immer noch durchaus auf der Höhe der Zeit sind.
Will ich auf jeden Fall in den manuellen Modus gehen, dann wird es Richtung D7100 bzw. der D7000 gehen. Eventuell ist die D90 noch eine Option denn auch die bietet den vollen Eingriff ist aber nicht mehr ganz taufrisch.
Ich kann nur empfehlen auch in einen Laden zu gehen und alle Bodies, die man ins Auge gefasst hat, in die Hand zu nehmen. Die Fakten sind eine Sache aber eine Kamera muss sich auch richtig anfühlen. Die Größe ist dabei wirklich wichtig und auch der Blick durch den Sucher ist bei jedem Modell etwas anders.
Will man Videos auch machen, muss natürlich auch das berücksichtigt werden. Ich werde es hier bei Fotos belassen denn ich mache eigentlich keine Videos und kann daher guten Gewissens keine Tipps dafür geben.
Ich will eine FX (Vollformat)!
Dazu gibt es eigentlich nur eines zu sagen:
Warum?
Wenn einem auf das warum nicht sofort zumindest 3 konkrete Punkte einfallen, die auch technisch belegbar sind, dann braucht man keine FX! Es ist wirklich so einfach - FX hat klar Vorteile gegenüber DX aber die sind teilweise sehr subtil und würden vielen Leuten wohl überhaupt nicht auffallen. Auf der anderen Seite ist eine FX immer mit höheren Kosten und höherem Gewicht verbunden...
Ok es sind also auf die vorherige Frage Antworten wie high ISO Rauschverhalten, dynamic range, Freistellungspotential, Handling und der ähnlichen mehr gefallen und es ist auch klar was das ist und wie es sich auswirkt? Das nötige Geld liegt auch herum? Dann kann ich nur sagen - tu es und schau nicht zurück.
Klar ist sie schwerer, klar ist sie teurer aber die Fotos wirken einfach etwas anders. Ich bezweifle aber, dass man bei jeweils 2 Fotos, einmal DX einmal FX mit dem selben Bildausschnitt, immer die FX klar erkennen würde. Es sind oft wirklich subtile Details auch wenn es natürlich auch klarere Fälle gibt und teilweise spielt auch die persönliche Einbildung mit ;)
Welches Objektiv brauche ich?
Objektive sind das was wirklich einen extremen Unterschied bei Fotos machen. Hier gilt leider meist, dass teurer wirklich besser ist. Dennoch gibt es sehr gute Objektive die auch um kleines Geld zu haben sind! Gebraucht kann da durchaus eine gute Möglichkeit sein um Geld zu sparen.
Wenn man nicht zumindest mit dem Gedanken spielt in Zukunft auf FX zu wechseln, würde ich die meisten FX Linsen außen vor lassen. Eine Ausnahme ist das 50mm 1.8 das so wunderbar billig ist, dass es eigentlich in jeder Fototasche seinen Platz haben sollte. Wie schon vorher angesprochen, ist eine FX Linse generell immer schwerer und auch deutlich teurer. Der Grund ist, das durch den selben Anschluss für die Kamera ein größerer Bereich sauber ausgeleuchtet werden muss, weil der Sensor ja deutlich größer ist. FX ist, heute nicht mehr ganz so sehr, auch eher der Profibereich und da spielt die Verarbeitung nochmal eine andere Rolle. Hier kommt aber langsam auch Bewegung in den Markt weil es günstigere FX Kameras gibt. Ein Beispiel wäre das 85mm F1.8 von Nikon.
Eine weitere Faustregel ist "umso höher der Bereich ist, den ein Zoom abdeckt, umso schlechter ist die Bildqualität". Es mag Ausnahmen geben aber ein 18-300mm kann eben weder für 18mm noch für 300mm optimiert werden, es folgen Kompromisse die umso größer werden umso weiter der Brennweitenbereich ist.
Ich verstehe durchaus, dass es angenehm ist nur ein Objektiv zu verwenden aber man darf dann leider auch keine Spitzenergebnisse erwarten.
Mit der Anfangsblende ist es so eine Sache. Bei den günstigeren Zooms ändert sich die Blende je nach Brennweite, meist in der Dimension f3,5-5,6. Das kann völlig ausreichend sein wenn man unter Tags draußen fotografiert aber eine veränderte Blende hat eben Einfluss auf das Bild. Es ist nichts verkehrt daran, es muss einem nur bewusst sein.
Andere Objektivmodelle haben eine fixe Anfangsblende, also identisch über den gesamten Zoombereich. Nikon hat hier die schweren und teuren F2.8 Modelle (meist auch FX) und die etwas günstigeren F4. Hier muss jeder selber wissen was er braucht/will und was es ihm wert ist.
Ein anderer Aspekt ist der Autofokus. Hier geht es um die Geschwindigkeit, Genauigkeit und, bei älteren Modellen, um den Antrieb. Aktuelle Objektive für Nikon haben fast alle einen eigenen Antrieb für den Autofokus, ältere Modelle nutzen noch einen Stangenantrieb der von der Kamera unterstützt sein muss.
Die Geschwindigkeit spielt in einigen Szenarien eine untergeordnete Rolle aber wenn man Sport fotografieren will, dann wird das durchaus schnell ein Thema.
Mein Tamron 70-200 etwa hat einen relativ langsamen Autofokus. In den meisten Situationen ist das völlig in Ordnung aber Vögel im Vorbeiflug werden da eine massive Herausforderung. Das war mir schon vorher klar, die Optik ist aber, in dieser Preisklasse, fantastisch.
Die Genauigkeit ist zwar teilweise auch vom AF Modul abhängig aber blöd wird es wenn die Linse einen Front- oder Backfokus aufweist. Der Fokus sitzt dann einfach nicht da wo er sein sollte und bei einer kleinen Blendenzahl wird das schnell ein Problem. Man muss aber auch sagen, dass Front-/Backfokus ein Fehler ist und korrigiert werden sollte.
Es gibt auch Objektive ohne AF aber ob die für einen Anfänger relevant sind, wage ich zu bezweifeln. Sie haben sicher eine Daseinsberechtigung denn optisch sind sie oft spitze aber ob man das manuelle Fokussieren in Kauf nimmt muss jeder selber wissen.
Ob man einen Bildstabilisator braucht hängt hauptsächlich von der Brennweite ab. Der Bildstabilisator sorgt dafür, dass leichtes Wackeln ausgeglichen wird und das funktioniert bei einigen Modellen extrem gut. Bei einem kurzen Objektiv ist es meist kein Problem schnell genug auszulösen um ein Problem zu verhindern. Bei einem Tele sieht das schon anders aus. Die Faustregel ist 1/Brennweite = minimale Auslösezeit um nicht zu verwackeln aber hier sollte man eher großzügig kürzer belichten um sicher zu sein. Bei 200mm wäre das mindestens 1/200 und das kann, je nach Licht, schnell knapp werden. Gutes ISO Verhalten hilft hier natürlich.
Der Bildstabilisator holt noch mal 1-2 Blenden raus aber es stellt sich auch die Frage ob das dann überhaupt noch mit dem gewünschten Bild geht weil man Bewegungsunschärfe produziert.
Ich habe kein einziges Objektiv mit Stabilisator, im 70-200 habe ich ihn aber schon heftig vermisst. Der Stabi und der schnellere AF sind meine Gründe warum das Original von Nikon auf der Wunschliste steht aber das sind eben um die 1800€ und das ist schon heftig.
Am Anfang würde ich eine eher kleine Zoomlänge empfehlen und eventuell direkt das Kitobjektiv weg lassen. Gute Alternativen gibt es sowohl von Sigma als auch Tamron und diese sind üblicherweise, noch im verkraftbaren Preisniveau, den Kitlinsen deutlich überlegen. Auch mit der Kitlinse kann man schöne Fotos machen aber wenn man um die 200-300€ für ein Standardzoom (DX) eines Drittherstellers einplant, wird man meist glücklicher. Das Tamron 28-75 zum Beispiel, hat mir sehr gute Dienste geleistet und ist optisch großartig gewesen. Ich habe mir aber anfangs das 18-105 im Kit mit gekauft und war auch zufrieden - bis ich mir eine Fixbrennweite angeschafft habe, danach ging es überhaupt nicht mehr. Weil ich gerade dabei bin...
Zoom oder Fixbrennweite?
Das ist wirklich eine Geschmackssache. Eine Fixbrennweite ist zwar sicher schärfer als ein billiges Zoom (und das auch wenn die Fixbrennweite billig war) aber wenn man mal hochwertigere Zooms hat, dann ist das nicht mehr der wirkliche Grund. Das Nikon 24-70 ist auch von einer Fixbrennweite fast nicht zu schlagen aber dafür kostet es eben auch soviel wie drei D3200 Kits.
Es geht bei Fixbrennweiten eher darum, dass man sich zu mehr Komposition zwingt. Am Zoomrad ist schnell gedreht aber bei einer Fixbrennweite muss man sich selber bewegen. Man hat dafür, mit der Zeit, direkt den Blick was in den entsprechenden Frame passt. Ich bin wirklich ein großer Fan von Fixbrennweiten aber ich habe auch Zooms die von 24-200mm alles abdecken. Flexibler ist man klar mit einem Zoom und ich wollte sie nicht missen.
Welches Zubehör brauche ich noch?
Das sieht man eigentlich recht schnell selber aber ein Blitz ist sicher nicht verkehrt. Gerade drinnen oder für Portraits kann das sehr hilfreich sein sofern man nicht generell natürliches Licht vorzieht. Beginnt man mal mit dem Blitzen so braucht man schnell einen Zweiten oder gar Dritten um entsprechende Highlights und Stimmungen zu generieren. Blitzfotografie ist eine eigene Wissenschaft von der ich, zugegeben, nicht viel Ahnung habe. ;)
Ein Stativ ist sicher auch eine gute Investition. Ich habe sowohl ein Einbein als auch einen Tripod und beide haben ihre Berechtigung und Zweck. Ich verwende beide eher selten aber das liegt völlig am Anwendungsgebiet. Beim Stativ sollte man auf keinen Fall sparen denn da geht es ja darum, dass es absolut still steht und das können die Billigen meist nicht wirklich liefern.
Ich persönlich habe 2 Fototaschen und einen Rucksack die ich wirklich alle verwende, je nachdem was gerade ansteht und was mit soll. Brauchen tut man das sicher nicht aber eine gute Fototasche ist eine immer wiederkehrende Freude. Ich kann hier die Thinktank Produkte wärmstens empfehlen - teuer aber da passt dann auch alles.
Bei den Speicherkarten würde ich auch nicht sparen denn wer will schon Fotos verlieren weil die Karte den Geist aufgibt. Das kann natürlich immer passieren aber bei Markenware ist doch die Qualitätskontrolle üblicherweise besser. Es geht hier auch um die Geschwindigkeit der Datenübertragung denn die RAWs sind groß und müssen zuerst von der Kamera auf die Karte und dann, zum Ausarbeiten, auf den Rechner gelangen.
Meinen zweiten Akku und den Blackrapid Gurt sowie die Handschlaufe wollte ich auch nicht missen aber das ist eher Zeug das im Laufe der Zeit dazu kommt wenn man dabei bleibt - brauchen tut man das nicht unbedingt.
Ich denke ich habe die wichtigsten, und auch die weniger wichtigen, Punkte durch und mache diesem Post jetzt ein Ende. Als Abschluss möchte ich noch drei Dinge sagen:
- Bodies kommen und gehen, gutes Glas bleibt.
- Wer billig kauft, kauft oft zweimal.
- Gute Fotos kommen nicht vom Equipment (es kann aber sehr hilfreich sein)